Pablo Brooks ist gerade mal 19 Jahre alt, arbeitet aber schon mit versierten Produzenten und Songwritern zusammen an seiner musikalischen Vision. Er will nichts anderes als große Popmusik machen, und ist dafür Ende 2021 aus seiner Heimatstadt Düsseldorf nach Berlin gezogen. Im Interview erzählt er, wie es war, mit 17 Jahren in erste Songwriting-Sessions geschubst zu werden und warum seine Vorstellungen vom Erwachsenwerden so gar nichts mit der Realität zu tun zu haben scheinen.
Christoph Schrag: Du bist ursprünglich aus Düsseldorf, aber derzeit in Berlin zu Hause.
Pablo Brooks: Genau noch ein Zugezogener
Christoph Schrag: Und noch gar nicht so lang. Wie fühlt sich das an, die ersten vier Monate in Berlin auch mit diesem miserablen Wetter und in solchen Zeiten? Beschreib mal.
Pablo Brooks: Am Anfang war es ganz cool. War natürlich auch so ein bisschen Kultur da war. Da Konnte man so ein bisschen das typische Berliner Leben miterleben, so die ersten paar Monate. Und dann hat es angefangen, als es kälter wurde, habe ich mir irgendwann gedacht so, ah, warum bin ich eigentlich in die kälteste Stadt Deutschlands gezogen - gefühlt? Ich bereue nicht, dass es sich für mich hier sehr wohl. Das ist sehr schön. Alle Leute, mit denen ich zusammenarbeite, wohnen in Berlin. Deswegen fühle ich mich hier sehr kreativ ausgelastet.
Christoph Schrag: Du wohnst in einer WG mit zwei Freundinnen, die du mitgebracht hast aus Düsseldorf. Aber das sind nicht Leute, die mit dir zusammen Musik machen, sondern sie genießen einfach nur deine Musik.
Pablo Brooks: Sie genießen - oder halt eben nicht - die Musik. Wie gesagt, manchmal sitz ich sieben Stunden und arbeite an einem Song und dann ist das glaube ich... Die haben beide Noise Cancelling Kopfhörer. Das ist sehr gut. Ich glaube, sonst wäre das auch nicht so auszuhalten für die.
Christoph Schrag: Du bist glaube ich Anfang 20 oder sogar noch jünger 19...?
Pablo Brooks: Ich bin 19, Ich werde jetzt dieses Jahr erst 20.
Christoph Schrag: Das heißt ganz frisch, neu angefangenes Leben jetzt im Grunde in Berlin. Und was hinter dir liegt, ist Düsseldorf auch eine Stadt, in der man sich sehr gut gehen lassen kann. Wieso bist Du weg?
Pablo Brooks: Es war wirklich so eine halbe Karriere Entscheidung, einfach, weil in Düsseldorf gab es natürlich eine große historische Musikszene, aber einfach zum Musikmachen war es bei mir einfach so: Alle, mit dem ich zusammengearbeitet habe, waren in Berlin. Das heißt, als ich in Düsseldorf gelebt habe, bin ich einfach... jedes Wochenende habe ich den ICE nach Berlin genommen. Da hab ich mir gedacht, es wäre finanziell schlauer, einfach hier hinzuziehen. Und ich wollte eh mein ganzes Leben lang hier schon wohnen. Deswegen war das so ein bisschen hat sich das gut in der Mitte getroffen.
Christoph Schrag: Ich weiß gar nicht, ob das auf die Dauer finanziell schlauer ist. Ich kenne die Preise Düsseldorf nicht. Also ein paar Mal kann man hin und her fahren, um sich die Miete zu sparen.
Pablo Brooks: Aber die Mietpreise in Düsseldorf sind nicht deutlich günstiger als in Berlin, deswegen ist es eigentlich sehr.... Es ist gut, aber ist auch sowieso mal gut, aus der Heimatstadt rauszukommen, glaube ich.
Christoph Schrag: So erklärt sich auch, dass hier lauter Leute in den Credits stehen, die ich tatsächlich eher so aus Berlin kenne. Andi Fins zum Beispiel, der hier wohnt, der ist bei dir mit dabei verzeichnet. Daniel Freitag ist auch schon hier in der Show gewesen, mit seinem eigenen Projekt. Wie kommst du zu den Leuten?
Pablo Brooks: Ich arbeite seit zwei, drei Jahren mit meinem Manager zusammen, der involviert in der ganzen Indie-Szene ist. Und der hat mich dann einfach irgendwann vor zwei Jahren, wie es oft mit jüngeren Musikern und Musikerinnen so ist, einfach mal in ganz viele Sessions gewirbelt. Und das sind dann letztendlich einfach die Menschen gewesen, mit denen ich, glaube ich, die beste Arbeit zusammen gemacht habe. Und das war ganz gut, weil die alle auch in Berlin gelebt haben. Deswegen habe ich viele Anfang letzten Jahres sozusagen mit diesen drei Menschen einfach die Platte sozusagen fertig gemacht.
Christoph Schrag: Die sind jetzt alle deutlich älter. Was ist das für ein Verhältnis, was man da so aufbaut miteinander? Wie stehst du zu denen? Wie stehen die zu dir?
Pablo Brooks: Ich glaube, am Anfang ist es schwierig, weil ich glaube ich in die erste Session reingelaufen bin, da war ich 17, hatte noch nie Studio Erfahrungen. Dann kommt man halt in einen Raum mit einer Person, die vielleicht schon seit 20 Jahren Musik macht. Das ist dann immer ein bisschen schwierig, sozusagen direkt auf dieses Verhältnis zu kommen. Aber das sind drei super, super, super, liebe Leute, die einfach direkt meine Vision verstanden haben.
Ich glaube, das ist ganz gut, wenn man sehr schnell diese Dynamik aufbaut. Es ist sehr schnell zu einem sehr guten und auch ausgeglichenen Verhältnis gekommen, wo der Altersunterschied jetzt gar nicht ein großes Problem war.
Christoph Schrag: Deine EP ist Ende des letzten Jahres rausgekommen, im November. "Not Like the Movies" heißt das. Und das hat ein Thema, nämlich weil du vergleichst: wie sind die Vorstellungen vom Leben? Vorstellung von dem Selbst, von dem Ich und was man so erleben möchte? Und wie ist dann das Leben selbst? Und es ist eben nicht wie in den Filmen bzw. nicht wie in deiner eigenen Fantasie. Ist das so richtig zusammengefasst?
Pablo Brooks: Ja, so kann man es auf jeden Fall sagen. Ich habe mir einfach, als ich so 15,16 war, hab ich mir das immer vorgestellt, wie es sein wird, wenn ich erwachsen werde. Ich habe mich total darauf gefreut, erwachsen zu werden, wie es sein wird, wenn man diese Freiheit, diese Unabhängigkeit gewinnt. Und dann war es halt bei mir genau dieses Jahr der harten Pandemie, das ist im Prinzip genau auf dieses Jahr gefallen, wo ich 18 geworden bin. Das heißt, alle Erfahrungen, die ich mein ganzes Leben lang so romantisiert habe, sind auf einmal weggefallen und dann war ich halt alleine da und musste halt irgendwie total darüber nachdenken - Was sind jetzt eigentlich die wirklich wichtigen Sachen? Und irgendwie musste ich meine Prioritäten neu setzen, dann ist mir aufgefallen: Krass, die ganzen Sachen, die ich mein ganzes Leben lang so total romantisiert habe, finden gar nicht statt, oder sind eben doch nicht so. Das fand ich eine ganz interessante Perspektive auf die Jugend und auch auf das Erwachsenwerden. Ich glaube, viele Jugendliche haben einfach das Problem, dass sie sich große Ideen und große Sachen in den Kopf setzen, wenn sie erwachsen werden. Was dann mit so einer gewissen Enttäuschung verbunden ist, die ich halt auch gefühlt habe und ich glaub, viele andere auch.
Christoph Schrag: Pablo Mühle ist Dein bürgerlicher Name, der im Ausweis steht. Wie kommst du auf Brooks?
Pablo Brooks: Oh, das war ich glaube, ich habe einfach vor zehn Jahren die Entscheidung getroffen Hey, wenn du englischsprachige Musik machen willst oder englischer Künstler sein willst, dann kannst du dir keinen Umlaut im Namen erlauben. Dann hätten alle Leute einfach gesagt "Pablo Mule". Das wäre dann auch nicht so cool gewesen. Deswegen habe ich dann einfach englische Nachnamen gegoogelt. Und es kam dann Brooks, und dann hab ich mir gedacht - Das passt.
Christoph Schrag: Jetzt bist du ja ein paar Monate in Berlin, aber bislang hast du in Düsseldorf gearbeitet, in deinem Elternhaus. Und da sind eigentlich alle Songs entstanden, bis auf die von dieser EP.
Pablo Brooks: Die meisten von der EP habe ich auch noch in meinem Elternhaus so geschrieben, aber die sind dann halt in einem Studio mit anderen Leuten, in Berlin quasi so zum Leben erwacht. Aber die wurden trotzdem natürlich so wie ich alle meine Songs am liebsten schreibe - in meinem Schlafzimmer geschrieben, mit der Gitarre in der Hand, auf dem Boden, ganz romantisch.
Christoph Schrag: Vermisst du dein Zimmer so ein bisschen oder hattest du mal den Gedanken: Hoffentlich kommen mir woanders auch so gute Ideen?
Pablo Brooks: Ja, ich hatte schon ein bisschen Angst. So ein bisschen, weil ich mir dachte Okay, die besten Songs, die ich jetzt geschrieben habe, sind alle in dem Zimmer entstanden. Ich bin schon so ein Mensch, dass ich an so spirituelle Sachen in Räumen glaube. Aber ich bin jetzt hier und hab auch Songs geschrieben, die ich gut finde. Also es geht auch ohne.
Christoph Schrag: Du hast vorhin erzählt, dass du über den Manager rangekommen bis an diese Kontakte. Wie bist du denn an ein Management gekommen, mit 17 Jahren?
Pablo Brooks: Ich war verzweifelt und habe gesagt, ich will das jetzt machen. Ganz dringend.
…Der halt auch ein "Schätzeken" is. Und seitdem arbeiten wir zusammen und zwar ganz cool, mit 17 halt so Vertrauen geschenkt zu bekommen.
Christoph Schrag: Hast du ihn mal gefragt, warum?
Pablo Brooks: Tatsächlich nie. Nee, ich glaube es lag daran, dass ich schon immer eine sehr starke Vision hatte. Und ich glaube, was er gut fand, ist, dass ich gesagt habe, ich will Popmusik machen. Popmusik, die aber kompromisslose Popmusik ist, die nicht versuchen will, Indie zu sein, oder die irgendwie versuchen will, mehr als Pop zu sein, sondern es ist wirklich einfach Popmusik. Und ich glaube, das hat er mir mal gesagt, dass er das zumindest einen großen Selling Point fand. Und das ist auch etwas, wofür ich immer noch stehe.
Christoph Schrag: Aus seiner Sicht wahrscheinlich war klar: Okay, da ist jetzt kein Problem, den Jungen aus irgendeiner Nische erst mal rauszuholen und vielleicht für einen größeren Markt interessant zu machen, sondern der Junge will das schon. Was ist das denn für dich - Pop?
Pablo Brooks: Ich habe letztens einen witzigen Vergleich gesehen, wo Leute einfach so ein bisschen Pop und Folkmusik verglichen haben. Es ist halt einfach so Musik für die breiten Massen in dem Sinne. Ich glaube, es gibt kein Genre, was Menschen so sehr im Alltag beeinflusst und mitnimmt wie Popmusik. Also Popmusik ist natürlich das Genre, was die meisten Menschen hören. Und ich finde es einfach total schön, was ein guter Popsong einfach bei Menschen, und bei mir auch, für Auswirkungen haben kann. Und es verlangt nicht viel von einem. Und ich glaube, das ist ein relativ wichtiger Punkt, warum ich auch Popmusik mache und auch gerne höre.
Christoph Schrag: Und du würdest auch mitgehen, wenn sich Pop verändert, denn ich meine, vor einer ganzen Weile war Pop halt Rock basiert. Jetzt hat man den Eindruck, mehr Hip-Hop basiert, zumindest was die Beats angeht. Und klar, es entwickelt sich ja immer weiter. Es gibt sozusagen ein vorherrschendes Genre, dann oft auch noch. Und da kannst du dir vorstellen, du bist neugierig genug und würdest auch mitgehen, wenn sich der Pop in eine komplett andere Richtung entwickelt?
Pablo Brooks: Auf jeden Fall. Ich würde gar nicht sagen, ich will für den Rest meines Lebens Popmusik machen. Einfach weil ich zu so großer Musiknerd in dem Sinne bin, dass ich mir sowieso alles anhöre, mich sowieso jeden Tag dazu zwingen muss, nicht irgendwie komischen progressiv Shit Rock zu machen... - das wäre auch lustig, ich glaube an dem Punkt bin ich noch nicht - aber auf jeden Fall finde ich das immer das Interessanteste, zu sehen, welche Genres in den kommerziellen Pop sozusagen eintauchen, was da alles so mit reingezogen wird. Und ich finde das super interessant. Vor allem die Richtung, in die wir uns gerade ein bisschen bewegen, dieses Punkrock Revival, diese 70er Sachen, die letztes Jahr dazu gekommen sind, finde ich super interessant.
Christoph Schrag: Du hast einen Song auf der Platte, wo wir vor dem Interview gesagt haben, was spielen wir denn noch? Und Du hast gesagt: Gerne "Runaway". Warum?
Pablo Brooks: Ich finde "Runaway" ist für mich einfach ein Song, der für mich das, was ich an Musik am meisten liebe, oder die Musik, die ich mache, am besten repräsentiert. Ich sage immer gerne, das ist so Tanzmusik, zu der man heulen kann. Und ich finde, "Runaway" ist so der perfekte Song, der das für mich repräsentiert. Das hat voll die dancigen Beats, so ein bisschen housige Untertöne, aber geht letztendlich einfach über das klassische Thema von einer Trennung in so einer sehr melodramatischen Art und ich finde, es repräsentiert meine Musik und die Musik, die ich machen möchte, glaube ich einfach am besten.
Christoph Schrag: Runaway, so heißt dieser Titel und er kommt von Pablo Brooks und das alles ist drauf, was wir hier gehört haben auf seiner aktuellen EP Not like the Movies. Jetzt ist das Ding fertig, Pablo. Du bist in Berlin, das ist ja gleichzeitig das Ende und ein Anfang. Was machst du damit?
Pablo Brooks: Ich mach das, was ich immer mache. Ich sitze hier und schreibe Songs und gehe ins Studio und mache die Songs fertig und hoffe, dass die Songs dann Leute anhören. Es gehen wieder Shows los. Am 18. März spiele ich in Berlin im Badehaus. Ich freue mich, endlich eine Show zu spielen und einfach mit Menschen die Songs zusammen zu singen und zu tanzen.
Christoph Schrag: sehr, sehr gut weiterarbeiten mit den Leuten, die wir hier sehen. An die Fans des Freitag und Fabian Lange haben wir noch gar nicht erwähnt. Von Mai kannte auch
Pablo Brooks: das sind keine Menschen, mit denen arbeite ich immer zusammen und das wird sich auch erst mal glaube ich nicht ändern lassen.
Christoph Schrag: Gut, dann freuen wir uns aufs Konzert. Ich drücke die Daumen, dass es auch stattfinden darf. Danke schön. Ich freue mich auf neue Musik.
Das ganze Interview mit Pablo Brooks zum Hören: